In der 3. Folge des Theaterpodcasts der GDG sprechen David und Anna mit Ketie von der Stuhlkreisrevolte – Kollektiv für emanzipatorische Bildung und Prozessbegleitung. Gemeinsam gehen sie den Schwierigkeiten und Genüssen des Arbeitens in Gruppen auf den Grund.
Dabei berichten sie von ihren Erfahrungen in der politischen Bildungsarbeit und künstlerischen Gruppenprozessen, stellen Strategien und Methoden vor und philosophieren über Kapitalismuskritik und Pommes.
Ich vermisse Theater. Ich vermisse die gemeinsame Raumerfahrung, die unruhige, erwartungsvolle Spannung bevor es los geht, bekannte Gesichter zu treffen und alleine in der Zuschauer*innengruppe unterzugehen, wenn das Licht schummriger wird. Ich vermisse Staubpartikel im Scheinwerferlicht, Sätze, die auf der Bühne und in meinem Kopf nachhallen, Körper, die vor mir, neben mir, hinter mir aktiv sind, atmen, reagieren, zuhören, arbeiten. Ich vermisse schöne Menschen, die an der Bar im Foyer stehen und im Nachgespräch schlaue Sachen sagen und wichtige Fragen stellen. Ich vermisse Auseinandersetzung, mit mir, mit anderen.
Im Anschluss an die Online-Premiere von „[un]limited traces“ von System Rhizoma luden wir das Publikum und das künstlerische Team ein, das Aufführungserlebnis in einem Telefongespräch mit einer (noch) unbekannten Person spazierend nachwirken zu lassen.
Ausgehend von der Live-Cam Performance, der darin eingebetteten Videopremiere und unseren Inspirationsfragen sind Spaziergangspärchen mit größtmöglichen körperlichen Abstand in lebhaften inhaltlich-ästhetischen Austausch durch ganz Deutschland gewandelt. Köln, Braunschweig, Berlin, Hamburg, Weimar und viele Städte mehr verbanden sich zu einem intensiven Gesprächsnetz über die soeben gesehen Aufführung.
Sieben Gruppen von Schülerinnen
und Schülern waren Ende Juni eingeladen, ihre Inszenierungen im Rahmen des
STTS am Theater der jungen Welt Leipzig zu präsentieren. Mit Anna, Josephine,
Saskia und Willi waren auch wir mittendrin – im nunmehr vierten Jahr durften
wir das Festival begleiten, haben ein Basislager errichtet, Formate für die
Gespräche unter Spielenden erdacht, Toiletten mit Fragen versehen,
Festivaleindrücke in Knetfiguren verarbeitet und beim Basslager aufgelegt.
Das STTS stand in diesem Jahr
unter dem Motto „Theater und Raum“. Unsere Fragen breiteten sich aus, füllten
die Ecken mit „Welchen Ort des Festivals hast bisher nur du entdeckt?“ und
„Wer beherrscht den Raum?“. Beim Speeddating konnten sich die Teilnehmenden
rund um das Thema (T)Raumtheater austauschen. Auf großen Planen wurden nach
den Stücken erste Seheindrücke verewigt und beim Laberfeuer mit Himbeerbrause
Probenstrukturen diskutiert. In den Gesprächen unter Spielenden wurden
raumfüllende Collagen gebastelt und Nebenräume zu Standbild-Bühnen
umfunktioniert. Die Box des blinden Aktionismus war in den Pausen präsent und
dank einer Knetstation hat das STTS jetzt ganz viele neue Maskottchen.
KOST, die Kooperation Schule
& Theater, feierte mit Torte ihren fünften Geburtstag. Das Festival
zeigte, wie viel die Initiative geschafft hat – das Niveau der gezeigten
Inszenierungen beeindruckte uns und das Sprechen über Theater hat einen hohen
und selbstverständlichen Stellenwert für die Teilnehmenden.
Herzlichen Dank, dass wir auch in diesem Jahr Teil des STTS sein durften. Auf ein Neues!
Fünf von uns waren auf dem Augenblick Mal! Festival 2019. In der Woche vom 7.5. bis zum 12.5. gab es viel zu sehen und zu tun. Die Formate aus dem Handbuch „Zwischen Publikum und Bühne. Vermittlungsformate für die freien darstellenden Künste“ des Performing Arts Programm Berlin wurden in der Nachgesprächsreihe „Face it“ präsentiert. Anna, David und Jonas haben unseren Beitrag zu diesem Handbuch – die Formate „unbeschriebenes Blatt“, „Kartographie“ und „mobiler Nach(t)spaziergang“ – angeleitet.
Auch Petra und Willi mischten in der Vermittlung des Augenblick Mal! mit. Mit Bierdeckelfragen, Freigetränken, Memory-Partner*innen und anderen Impulsen gestalteten sie ein Get-Together zu Festivalbeginn. Am Samstagabend, führten sie unser erstes Barcamp durch. Hier wurde ein Raum geschaffen, alle auf dem Festival aufgestoßenen Themen und Fragen gen Ende des Festivals noch einmal aufzugreifen und zu diskutieren.
Besonders an Augenblick Mal! war für uns, dass wir durch die verschiedenen Aufgabenbereiche, mit denen wir auf dem Festival präsent waren, die besondere die Chance hatten, uns unbeteiligt gegenseitig zu beobachten – Quasi eine Strukturbeobachtung der Strukturbeobachtung vorzunehmen. Wir haben große Lust die verwendeten Formate gemeinsam weiter zu entwickeln. Gerne auch auf und mit dem Augenblick Mal!
Vom 22.–26. Mai waren Willi und Tobias bei der »Club
Convention« am Schauspiel Leipzig im Einsatz: Das Festival versammelt die neuen
Produktionen der vier Spielclubs und soll zudem den Austausch der Gruppen
untereinander ermöglichen. Für vier Tage gehören die Bühnen und Foyers des
Schauspielhauses den nicht-professionellen Spieler*innen zwischen 14–89 Jahren.
Gemeinsam mit einer von uns angeleiteten Gruppe von theaterpädagogischen
Stipendiat*innen aus Erlangen, Hannover, Hildesheim, Merseburg und Hamburg war
die Geheime Dramaturgische Gesellschaft bereits zum zweiten Mal in Folge ein
gestaltender und beobachtender Teil des Festivals: Im Foyer der »Diskothek«
schlugen wir unser Basislager auf, in einem mehrtägigen Workshop erprobten und
reflektierten wir Gesprächsformate und Feedbackmethoden wie den »Rücksitz« und
das »Unbeschriebene Blatt«.
Die auf dem Festival angebotenen Nachgespräche dienten uns
als Beobachtungsgegenstand, um einige grundlegende Fragen an
theaterpädagogische Austauschformate und Festivals wie die »Club Convention« zu
stellen: Wer spricht dort mit wem? Was ist das Ziel solcher Gespräche? Wer will
was von wem wissen? Und wie lassen sich auch auf solchen Festivals, bei denen
das berechtigte Bedürfnis nach der gemeinsamen Feier der eigenen Arbeit im
Vordergrund steht, Räume für verschiedene Seherfahrungen und konstruktives Feedback
schaffen?
Nach einer langen Partynacht mit vielen gelösten Gesprächen packten
wir unsere Kisten wieder zusammen und fuhren mit vielen Eindrücken und
Denkanstößen nach Hause.
Als Einblick in unser Basislager, hier noch das vom Publikum
der Leipziger »Club Convention« geschriebene Theater-ABC:
Bretter, die die Welt bedeuten / Babette / Busch / Brecht
Chemie / Chaos
Diskonebel
Elite / Emily
Fanatiker / Fantasie
Große Fragen
Hauptrollenakteur*in / Habitation
Ich, Ich, Ich, WIR / Integration
Jugendlichkeit / Jule / Jenny
Kill your Darlings! / Kleist
Licht / Liebe
Machen!!! / Materialschlacht / Marionettentheater
Nachmacher!
Ohnmachtsängste / Ooooooooh!
Pause / Performance
Quatsch / Quelle / Quodlibet
REAKTION gleich AKTION
Spaß / Spannung
Textarbeit / Toi, Toi, Toi!
Unterhaltung / Umnachtung / Umarmung
Vulgärästhetik / Vergissmeinnicht
Wettbewerb ? / Weltordnung / Werbung / Walter Zissmann
X‑malige Wiederholungen
Yves Hinrichs / Y ist immer schwierig
Zur-Schau-stellen / Zupfen / Zauber
Fangnetz für offene FragenTheater – ABCEine Frage des VertrauensNehmt doch PlatzSchau dich um. Wer fehlt hier?Grundsitzdiskussion mit der GDG und den Stipendiat*innen…ODER?!Wer hat noch nicht, wer will nochmal?Das unbeschriebene BlattBierdeckelfragen
Bereits zum dritten Mal war die
GDG Teil des Avant Art Festivals der freien Thüringer Theaterszene. Zwei
professionelle und drei Amateur-Produktionen waren eingeladen, ihre
Inszenierungen im art der stadt in Gotha zu zeigen.
Ein großer Teil des Festivals fand
im „Fundament“ statt, der gerade entstehenden Spielstätte des theaters der
stadt. Damit bekam auch unser Basislager dort sein Zuhause, inklusive gemaltem
Wohnzimmer mit Kamin, falschem Tierfell und flackerndem LED-Feuer. Da der Raum
Stück für Stück renoviert wird, durften das Publikum und wir alle unfertigen
Wände direkt bemalen, beschreiben und bekleben. So wurde auf die Frage „Was
unterscheidet Profis von Amateuren?“ einfach mit Edding auf dem Kalk geantwortet
und neue Themenvorschläge in der Sprechblase „Ich will über … reden“
angebracht. Außerdem verstärkten eine Tag-und-Nacht-Kaffee-Station sowie eine
rege Kreidestift-auf-den-Toiletten-Diskussion das Basislager. Am Samstag luden
wir zu einem Long Table unter der Frage „Was kann/muss ein Festival?“.
Beim Avant Art werden vor Ort ein
Jury- und ein Publikumspreis vergeben. Nach der letzten Aufführung konnte bei
uns auf die Preisträger*innen gewettet werden. Unter dem weithin vernehmbaren
Ruf „Wetten, Wetten, Wetten! Fun, Fun, Pfand!“ wuchs die Bieramide der
gesetzten Bierdosen (es lag übrigens nur eine Person mit ihrer Prophezeiung
richtig). Parallel baten wir die Festivalgemeinschaft nach neuen
Preiskategorien und verteilten schließlich während der offiziellen
Preisverleihung auf Grundlage dessen fünf Auszeichnungen, dotiert mit jeweils
25 ct (ein Dosenpfand) an die eingeladenen Inszenierungen.
Beste Fitness: „Verwandlung“
(Greizer Theaterherbst)
Beste Tierdarstellung durch
Menschen: „Hundegrenze“ (Studio 44 Nordhausen)
Klarste Farben: „Antrag
abgelehnt“ (theater der stadt gotha)
Alle 30 Themen unserer Zeit mit
drin: „Konsequenzen“ (Tanztheater Erfurt)
Schimpfwortfülle: „Alice in
Runwayland“ (stellwerk Weimar)
Wir bedanken uns, auch in diesem Jahr wieder Teil des Avant Art Festivals gewesen sein zu dürfen und blicken gespannt auf die weiteren Entwicklungen der freien Thüringer Theaterszene.
Bevor wir die erste Kneipe betreten, versuche ich auf jede unserer gestempelten Fragen eine Antwort zu finden und google nach Definitionen. Aber jetzt erstmal drüber reden. Was ist Terror? Freiheit oder Sicherheit? Was hat das mit Theater zu tun? Mein erstes Gespräch zu diesen Fragen ist sehr kurz. Die Gruppe ist schon im Gehen. Schwere Fragen. Alles ist Terror. Freiheit und Sicherheit. Theater wrede+ kenn ich nicht, klingt aber gut.
Die Kneipe ist voll und laut. Es läuft Fußball. Das nächste Gespräch über Terror führe ich mit Vincent. Gehst du noch ins Stadion? Nein, aber das liegt nicht am Terror. Aber ich geh noch zu Großevents oder Weihnachtsmärkten oder so. Ohne Angst und wenn doch mal Angst dann aus Trotz erst recht. Bremen hat ein Tor geschossen oder nein doch nicht. Von meinem Platz kann ich die Leinwand nicht sehen, nur die Gesichter der Menge. Fußball schlägt Bierdeckel.
Gespräch mit dem Nebentisch. Es geht sehr viel um Gender und zumindest kurz um die Frage, warum man ins Theater gehen soll, wenn man doch Netflix hat.
Zeit für einen Kneipenwechsel. Am Fenstertisch wird hitzig über einen Deckel diskutiert. Ich kann die die Frage nicht erkennen.
Nächste Kneipe. Ich verteile die Bierdeckel an den Tischen. Coole Aktion… Oh interessant, vom wrede+ kommt ihr? … Spannend, da war doch heute auch so ne Demo. Gegen Erdogan. Das ist Terror. Also was der macht, mein ich … Ah habt ihr auch einen Stift? Klar haben wir einen Stift. An einigen Tischen dreht sich das Gespräch um die Bierdeckel, an anderen Tischen werden sie direkt ausgefüllt.
Wer wird Terrorist*in? Vielleicht ja ich. So beginnt das längste Gespräch meines Abends. Für was würdest du kämpfen? Beziehungsweise gegen wen kämpft man eigentlich? Es geht um Protestformen, um Machtverhältnisse und die Suche nach der Wurzel alles Übels. Was heißt Freiheit? Was heißt Sicherheit? Und was hat Maslows Bedürfnispyramide damit zu tun? Die heutige Darstellung der DDR, die weltverändernde Kraft von Theater und Globalisierung. Die Themen sind vielfältig und wechseln schnell, doch die Frage nach Terror steht immer im Raum und ich finde im Gespräch nebenbei auch meine eigene Terrordefinition.