Der Bundesverband Freie Darstellende Künste lud Mitte
November in die Bundesakademie für
Kulturelle Bildung Wolfenbüttel ein, um sich für vier Tage dem Thema
Vermitttlungskunst zu widmen, in Austausch zu treten und Theorie und Praxis
miteinander zu diskutieren. Auch wir waren eingeladen, uns mit einem Impuls zu
beteiligen. David und Josephine stellten unter dem Titel „Vertraut auf die
Kunst und das Publikum“ das GDG-Konzept der Gesprächsarchitekturen vor.
Skulpturen des unbeschriebenen Blattes
So wurden beim „Rücksitz“ individuelle Vermittlungsbegriffe
besprochen, in einem kurzen Vortrag der Umgang der GDG mit den daran geknüpften
Fragen erläutert und anschließend mit Hilfe des „Unbeschriebenen Blattes XXL“
überlegt, welche Bezugsgruppen eigentlich welches Interesse an Vermittlung
haben. Im Fahrstuhl wurde notiert, worüber wir noch sprechen müssen und auf den
Toiletten alternative Begriffe für Vermittlung gesucht (Vorschläge z.B.:
Anstiftung zur Selbstermächtigung und Lebenskunst, Kontaktanbahnung, Zugang,
Irritation, Einstimmung, Erfahrung).
Es war wunderbar, Teil dieses intensiven Austauschs gewesen zu sein, spannende Denkimpulse bekommen zu haben und tolle Kolleg*innen kennen gelernt haben zu dürfen. Das Treffen war der Auftakt des Programms „Performing Exchange“ – wir sind gespannt und freuen uns sehr auf die noch kommenden Veranstaltungen der Reihe.
Vom 14.–19. Oktober 2019 waren wir zu Gast auf
dem 4. „Wildwechsel“ – dem wichtigsten Kinder- und Jugendtheaterfestival der
ostdeutschen Bundesländer –, dass dieses Jahr in Parchim stattfand. Wir schlugen
unser Basislager auf und gestalteten die Fachforen zu den einzelnen
Inszenierungen genau wie spielerische Gesprächsimpulse im Anschluss an die
Aufführungen.
Das „Wildwechsel 2019“ war ein in vielerlei
Hinsicht besonderes Festival. Auch wenn das Thema der angeschlossenen
ASSITEJ-Werkstatt – „Theater im ländlichen Raum“ – wenig mit der
mecklenburgischen Kreisstadt Parchim (immerhin 19.000 Einwohner*innen) zu tun hat: Es war eine organisatorische Leistung, ein
solches Festival dort stattfinden zu lassen. So steht in Parchim zwar das einzige staatliche
Kinder- & Jugendtheater Mecklenburg-Vorpommerns – der Bühnensaal aber ist
nicht mehr bespielbar und wird nur noch als Lager benutzt. Das Festival verteilte
sich dementsprechend auf den Malsaal und die Theaterbar, auf den Marktplatz, in
die Stadthalle und in diverse Klassenzimmer in und um Parchim herum.
So bestanden auch
viele Gelegenheiten zum Austausch mit der Stadtbevölkerung, die sich sehr
präsent, offen und interessiert am Festivalprogramm zeigte. Beim feierlichen
„Parchim Dinner“, beim künstlerischen Stadtspaziergang und am Rande von
Aufführungen mischten sich angereiste Fachbesucher*innen mit Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen aus der Stadt. In den Gesprächen wurde deutlich:
Viele Menschen in Parchim gehen gerne in ihr Theater und nehmen eine solche
Festivalwoche mit Inszenierungen aus Berlin, Leipzig, Chemnitz und anderen
Städten dennoch dankbar an und auf. Die im Landtagswahljahr 2019 viel
diskutierte Transformationsgeschichte der neuen Bundesländer schien nicht nur
in diesen Gesprächen relevanter denn je. Als im Rahmen der Chemnitzer
Aufführung „Aufstand der Dinge“ gefragt wird, wer im Publikum „aus der DDR“
komme, meldeten sich fast alle Kinder.
Am letzten Abend wurden in der Parchimer Stadthalle die Preise vergeben, erstmals von keiner Fachjury, sondern von jeweils einer eigenen Kinder- und Jugendjury. DJ Hajo erfüllte noch bis in die Nacht jeden einzelnen Musikwunsch und sorgte für einen mehr als würdigen Festivalabschluss. Jetzt ist das „Wildwechsel“ erstmal vorbei – aber es bleibt eine der wichtigsten kulturpolitischen Aufgaben, mit solchen Festivals die Regionen abseits der Zentren aufzusuchen. In diesem Sinne: Wir freuen uns auf das nächste „Wildwechsel“!
Text: Tobias Gralke
Fotos: GDG
Quartett: Theater für junges Publikum
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