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Forschung und Austausch Handbuch zu Vermittlungsformaten State of the Art

Worüber müssen wir nicht mehr reden? Worüber müssen wir jetzt noch reden?

Für einen Teil von uns – zumindest diejenigen von uns, die in Hildesheim studiert haben – ist das studentische Diskurs-Festival State of the Art wohl einer der Gründe dafür, warum wir uns jetzt mit Gesprächskultur und Nachgesprächen beschäftigen. Vom 19. – 21. Oktober fand es zum 9. mal statt und mit Jonas ist die GDG Teil dessen gewesen.

Anlass dafür war die Zusammenarbeit des State of the Art mit dem Performing Arts Programm Berlin. Das Handbuchprojekt, bei dem auch wir Teil sind, wurde von Nathalie Frank in einer Podiumsdiskussion über Theatervermittlung vorgestellt und vier der acht Nachgesprächsformate aus diesem Projekt wurden auf dem State durchgeführt. Darunter auch zwei von uns.

Zu der Produktion „Das Vaterunser“ hat Jonas jeweils einmal die „Kartographie“ und „Das unbeschriebene Blatt“ durchgeführt. Beides mit bisher ungeahnten Teilnehmendenzahlen von knapp 60 Menschen. Für die Kartographie geht das sehr gut auf und die Bühne ist danach gepflastert mit Post-Its. Dem unbeschriebenen Blatt, so die Erfahrung nach dem State,  tut es auf jeden Fall gut mit weniger Menschen durchgeführt zu werden – wenn auch das Papierreißen von 60 Händepaaren in einem ansonsten stillen Raum eine wunderbare Geräuschkulisse schafft. Für beide Formate haben wir aufgrund der Erfahrung der vorherigen Testläufen geschraubt und neues ausprobiert. Auch jetzt finden sich mögliche aber teilweise auch noch nötige Variationen, die wir bei weiteren Testläufen erproben werden.

Jonas hat zudem die Podiumsdiskussion unter der Moderation von Michael Kranixfeld, bei der neben Nathalie Frank auch Prof. Birgit Mandel, Prof. Christoph Lutz-Scheuerle und Prof. Jens Roselt mit auf dem Podium sprachen beobachtet und durfte sie unter den Fragen „Worüber müssen wir nicht mehr reden?“ und „Worüber müssen wir jetzt noch reden?“ abschließen.


Niederschrift des Abschlusses der Podiumsdiskussion (aufgrund des fehlenden Kontexts der vorhergegangenen Podiumsdiskussion leicht angepasst):

Wir müssen nicht mehr darüber reden, dass der Vermittlungsbegriff divers ist. Wir müssen auch nicht mehr darüber reden, dass es diverse Theaterverständnisse gibt. Wir müssen allerdings immer wieder darüber sprechen, was wir meinen, wenn wir von Vermittlung sprechen. Wir müssen immer wieder darüber reden, was wir meinen, wenn wir über Theater sprechen. 

Das Gespräch auf dem Podium hat sich vor allem dem Theater als Institution und deren Vermittlung gewidmet. Ich möchte nun den Bogen schlagen zurück zum Anfang, zu den Nachgesprächsformaten des PAP aber noch viel mehr zu dem vor uns liegenden Festival und zu den Gesprächsformaten hier auf dem State of the Art.

Wir müssen uns immer wieder fragen: Wer sind die Akteur*innen dieser Gespräche? Wer sind wir, die wir diese Gespräche durchführen und was ist unser Anliegen? Wir sind keine Institutionen, wir sind auch keine Künstler*innen – zumindest nicht diejenigen deren Aufführungen wir gerade besprechen. Sind wir vielmehr Publikum, das für das Publikum ein Format anbietet um ins Gespräch zu kommen? Wer spricht hier eigentlich mit wem? Ist das Gespräch überhaupt die adäquate Form und warum sprechen wir immer nur danach, aber nicht davor oder währenddessen? Wie vermitteln wir Gesprächskultur, über was sprechen wir und haben wir überhaupt gemeinsame Begriffe?

Abschließend habe ich ein kurzes Plädoyer formuliert, das ich an uns alle richten möchte: Die Künstler*innen haben etwas präsentiert. Sie haben Position bezogen und sich damit angreifbar gemacht. Wie kommen wir darauf anzunehmen, diese Stellungnahme im Nachgang auch noch mundgerecht erklärt zu bekommen? Wie kommen wir darauf, noch mehr von den Künstler*innen zu fordern? Die Künstler*innen haben die Aufführung beendet. Nun ist es an uns Stellung zu beziehen. Nun ist es an uns, uns angreifbar zu machen. Dann können wir in Dialog treten.